Im Gespräch mit: Eva Maria Goldmann, Monster.de
Eva Maria Goldmann ist seit fast zehn Jahren (Senior) Community-Managerin der Karriereplattform Monster.de. In einem noch recht jungen Berufsfeld ist soviel Berufserfahrung selten.Die Monster.de-Community bietet ihren Usern über die reine Job-Suche hinaus deutlichen Mehrwert – in der Ratgeber-Rubrik können die Mitglieder Tipps finden um beispielsweise die eigene Bewerbung zu optimieren. Der Nutzwert der vielen Tipps und Artikel wird dabei durch ein Bewertungssystem von der Community bestimmt. Zusätzlich bietet Monster.de zwei Foren-Varianten an. In den Experten-Foren bekommen die Mitglieder ihre Fragen von erfahrenen Karriere-Coachs beantwortet, während die User sich in den Diskussionsforen gegenseitig helfen können. Auf Twitter ist Monster.de gleich mit mehreren Accounts für verschiedene Zielgruppen vertreten – zusätzlich schreibt Eva Maria Goldmann unter eigenem Namen regelmäßig Tweets. Auch einen umfangreichen Facebook-Auftritt hat Monster.de eingerichtet.
Frau Goldmann, ich freue mich, dass Sie sich zu diesem Interview bereit erklärt haben. Vielen Dank! Steigen wir doch direkt ein…
Matthias Bastian: Was ist ein Community-Manager und welche Aufgaben hat er?
Eva Maria Goldmann: Ein Community-Manager ist verantwortlich für Aufbau, Ausbau und Pflege der Community. Er macht das Leben der Community aus, bestimmt die Zielrichtung bzw. setzt die Zielrichtung um, die vom Unternehmen gewünscht ist.
Matthias Bastian: Welche Qualifikationen sollte er haben?
Eva Maria Goldmann: Soziale Kompetenzen jedweder Couleur, Kommunikativ sollte er sein, technisches Know How haben. Z.B. braucht er nicht HTML bis zur höchsten Perfektion können, aber zumindest praxisnahe Grundkenntnisse haben, so verhält es sich auch mit anderen wichtigen Tool und dem gesamten technischen Verständnis.
Matthias Bastian: Was ist die Position eines CM innerhalb eines Unternehmens? Ist es ein komplett eigenständiges Aufgabengebiet oder rechnen Sie es mehr dem Marketing oder der PR zu?
Eva Maria Goldmann: Community-Management ist ein komplett eigenständiges Aufgabengebiet. Es kann zwar sein, dass das Community-Management entweder Marketing oder PR oder auch oft den Produkt-Abteilungen zugewiesen wird, das Community-Management muss dabei aber eigenständig und unabhängig arbeiten können. Als reine Marketing- oder PR-Plattform wird eine Community nicht funktionieren. Vor allem, wenn es sich um eine Produkt-Community handelt. Hierbei muss den Nutzern auch Kritik an den Produkten erlaubt sein. Im Gegenteil, konstruktive Kritik und negative Bewertungen sollten erwünscht sein und als wertvoller Input für Optimierungsmaßnahmen und Weiterentwicklungen dienen.
Matthias Bastian: Was sind die Ziele des Community-Managements? Wie messen Sie, ob diese Ziele erreicht wurden?
Eva Maria Goldmann: Die Ziele sind Nutzerbindung und Nutzerzufriedenheit (meist sehr schwer messbar), angelegte und möglichst vollständige Accounts. Messkriterien: Quantität und Qualität der Beiträge, Visits, Page Impressions, Suchmaschinenranking.
Matthias Bastian: Gibt es grundlegende Regeln für gutes Community-Management die immer gelten, unabhängig von Zielgruppe und verwendetem Kanal?
Eva Maria Goldmann:Es sind die Regeln der normalen menschlichen Kommunikation. Das gilt sowohl für ihre eigene als auch die Kommunikation der User untereinander. Sie müssen darauf achten, dass der Tonfall auch bei kritischen und harten Diskussionen nicht abgleitet. Das ist extrem wichtig. In dem Fall, dass sie nicht selber moderieren, sondern z.B. Super-User dafür haben, müssen sie aber dennoch sicher stellen, dass diese alle nach denselben Regeln moderieren.
Matthias Bastian: Was sind aus Ihrer Sicht die Unterschiede zwischen einem Social Media- und einem Community-Manager?
Eva Maria Goldmann: Generell finde ich, dass es kein großer Unterschied ist. Ich persönlich bin mit beidem vertraut und sehe eine große Ähnlichkeit. Beim Social-Media Manager kommt es stark darauf an für welche SM-Kanäle er verantwortlich ist. Je nachdem kann es hier sein, dass die Arbeit eher projektbezogen oder Event/ Kampagnen- basiert läuft und es demnach Phasen mit hoher Aktivität aber auch mit zeitweise kaum Aktivität gibt. Wenn auf einem SM-Kanal eine Zeit lang nicht passiert, springen dadurch nicht unbedingt User ab, man gewinnt nur keine neuen Fans oder Follower. Bei einem Community Manager können zwar auch Events und Projekte dazu kommen, aber er hat trotzdem seine ständig laufenden alltäglichen Aufgaben. Communities müssen andauern aktiv und lebendig sein, sie dürfen nicht einschlafen oder vom Umgangston abgleiten.
Matthias Bastian: Worin liegen die Hauptunterschiede zwischen dem Management von zentralen (bspw. dem eigenen Diskussionsforum) und dezentralen Communitys (bspw. Twitter, Facebook)?
Eva Maria Goldmann: Der Hauptunterschied aus meiner Sicht besteht darin, dass man bei den dezentralen Communities keinerlei Einfluss auf Technik hat und sehr eingeschränkte Möglichkeit in der Selbstpräsentation. Um etwas Besonderes zu machen, benötigt man oft Applikationen, die in der Regel weder der Community-Manager noch das Unternehmen, für das er arbeitet, selbst schreiben kann. Und wenn Anbieter wie Facebook ihre Technik umstellen oder die Software fehlerbehaftet ist, hat man keinerlei Einfluss und muss damit leben.
Matthias Bastian:Betreiben Sie Social Media Monitoring / Community-Monitoring? Wenn ja, wie?
Eva Maria Goldmann: Im Wesentlichen werden in der Community Anzahl der Mitglieder, der Beiträge, Page Impressions und Visits gemessen. Bei unseren Social Media Kanälen sind die Anzahl der Fans oder Follower, Retweets bzw. geteilten Nachrichten und die Anzahl der Kommentare bzw. „gefällt mir“ (Facebook) Aussagen für das Monitoring wichtig.
Matthias Bastian: Wie viel Kontrolle sollte man über eine Community ausüben? Wie hält man am besten die Waage zwischen problematischer Zensur und möglichem Kontrollverlust?
Eva Maria Goldmann: Auch hier gelten die Regeln der normalen menschlichen Kommunikation. Z.B. Kritik ist zulässig, aber nicht unter der Gürtellinie. Man sollte den Usern auf jeden Fall die Freiheit geben, externe Links anzuführen oder auch Mitbewerber zu erwähnen. Links zu externen Seiten, die unseriös sind, z.B. kein Impressum oder rechtlich problematischen Inhalt haben, werden gelöscht. Werbung generell ist problematisch, auch wenn es von den Usern meist als solche erkannt wird. Bei monster.de besagt die Netikette, dass Werbung untersagt ist und gelöscht wird. Und genauso handhaben wir das. Genauso ergeht es Nachrichten, die selber rechtlich relevanten Inhalt haben. Redigieren von Nachrichten und Löschen sind in solchen Fällen wichtig und werden von anderen Usern unbedingt toleriert, oft sogar gefordert. Wenn man Super-User hat, kann man diese auch auffordern, dass sie unbotmäßige User zur Ordnung rufen, als Moderator hat man diese Möglichkeit natürlich auch. Meist machen das die Lead-User sowieso von selber. Lange Rede kurzer Sinn: Eine Definition von Netikette vor Gründung einer Community ist unerlässlich. Und von Zeit zu Zeit muss die Netikette überprüft und ggf. angepasst werden.
Matthias Bastian: Wie wichtig ist es, dass man innerhalb einer Community den Usern Möglichkeiten gibt zu “sozialisieren”, beispielsweise in einem Off Topic-Bereich?
Eva Maria Goldmann: Kommt darauf an. Am Beispiel der Monster Community kann ich sagen, dass wir einige Jahre einen Off Topic-Bereich angeboten haben, um die anderen Foren von Off Topic-Themen frei zu halten. Nachdem wir festgestellt haben, das kaum Bedarf hierfür war wir haben den Off-Topic Bereich wieder geschlossen. Man sollte es abhängig machen, wieviel off topic diskutiert wird.
Matthias Bastian: Sie sind mit Monster.de auch in Facebook und auf Twitter vertreten. Auf der eigenen Webseite betreiben Sie Foren: Was sind aus Ihrer Sicht die kommunikativen „Eigenheiten“ dieser Plattformen?
Eva Maria Goldmann: Foren sind viel direkter in der Kommunikation der User untereinander als Social Media Plattformen. Zudem nutzen viele Social-Media User die Plattformen eher passiv. Sie lesen mit, folgen Seiten, werden Fan, aber werden nicht aktiv. Die Monster Community lebt von der Beteiligung der Bewerber. Ich habe den Eindruck, dass deshalb auch hier die Hilfsbereitschaft größer ist. Auf Social Media Plattformen teilen die User zwar viel Persönliches mit, aber es bleibt oft ohne Reaktion anderer User oder echte Interaktion, weil jeder eben so „allgemein in die Menge spricht“.
Die Interaktion in den Monster-Foren mit uns, mit den Karriereprofis und untereinander sind verbindlicher, geben konkrete Antworten/ Ratschläge auf persönliche Fragen und das obwohl sie in der Regel anonym sind. Beide Plattformen sind für uns sehr wichtig, aber vor allem sind die Foren durch externe Community-Angebote nicht ersetzbar.
Matthias Bastian: Ist es möglich als offizieller Unternehmensvertreter an einer Community (bspw. an Diskussionen) teilzunehmen, aber dabei trotzdem das Vertrauen von anderen Community-Mitgliedern zu erwerben? Wie wichtig ist es in diesem Kontext, dass der CM sich vor allem sozial etabliert und als Mensch greifbar wird?
Eva Maria Goldmann: Das ist möglich und sogar absolut wichtig. Auch das Vertrauen und der Ruf des CM unterliegen den normalen Regeln des menschlichen Miteinanders, aber wenn die Community-Mitglieder kein Vertrauen in die Moderatoren und/oder den Community-Manager haben, besteht dort eine große Baustelle.
Matthias Bastian: Wenn Sie merken, dass eine Diskussion einen für Sie negativen Verlauf nimmt – was kann man tun, um den Schaden möglichst klein zu halten bzw. die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen?
Eva Maria Goldmann: Der CM sollte immer in seiner Rolle bleiben. Wenn er löscht, redigiert oder Diskussionen schließt, muss er das klar kommunizieren und transparent gestalten. Dann tragen das die User mit. In wirklichen Krisen kann es auch mal sein, dass der CM einen Troll u.U. ausschließen muss oder sehr deutlich an der Hand nehmen muss. Auch das wird bei klarer Kommunikation von den anderen Usern verstanden.
Matthias Bastian: Sollte man als Community-Manager auch den Dialog mit unzufriedenen Kunden oder im Falle eines minderwertigen Produkts suchen? Wieso und wie?
Eva Maria Goldmann: Unbedingt. Nur so kann das Unternehmen seine Produkte und Services weiterentwickeln und den Betroffenen das Gefühl geben, wahr- und ernst genommen und unterstützt zu werden sowie Lösungsbereitschaft signalisieren.
Matthias Bastian: Was sind für Sie die wichtigsten Aspekte beim Aufbau einer neuen Community?
Eva Maria Goldmann: Zuallererst das Ziel. Was will das Unternehmen mit der Community.
Dann der Mehrwert für den User: Warum soll jemand Interesse haben daran teilzunehmen.
Danach die Strategie: Wie vermarkte ich die Community, wie mache ich sie bekannt und wie fülle ich sie mit Leben. Die Technik ist auch wichtig, wobei sie bei einem interessanten Themengebiet, welches die Zielgruppe wirklich berührt, nicht so wichtig ist, wie allgemein angenommen.
Matthias Bastian: Wie motiviert man einen User dazu einer Community beizutreten und wiederzukommen?
Eva Maria Goldmann: Der User muss einen persönlichen und individuellen Mehrwert haben. In unserem Fall erhalten unsere User konkrete und umfassende Hilfe und Unterstützung bei den Themen Bewerbung, Weiterentwicklung, Joballtag und Karriere. Diese Themen beschäftigen alle von uns, da der Job eine große Rolle im Leben spielt. Die Nutzer profitieren bei uns je nach ihrer Situation von direkten und individuellen Hilfe , sie erhalten Motivation und können sich zu diesen wichtigen Themen jederzeit auch mit anderen austauschen. Da wir regelmäßig andere Themenschwerpunkte aufgreifen, ist für jeden immer was neues und hilfreiches dabei. Eine der ersten finanziell erfolgreichen Communities war eine Golf-Community. Dort war es die Diskussion über Plätze, Golf-Clubs, Verbesserung des Handycaps etc. Ich bin keine Golferin, aber für die User war das ein für sie echter individueller Mehrwert. Ohne das geht es nicht.
Matthias Bastian: Was ist Ihr bestes Beispiel für eine Situation in der es sehr schwer war, ordentliches Community-Management zu betreiben?
Eva Maria Goldmann: Wenn extreme Trolle gleichzeitig ihr Unwesen treiben möglichst noch mit Inhalten, die rechtlich relevant sind. Wenn vor Trollbeiträgen die „guten“ Beiträge kaum noch sichtbar sind. Das hatten wir einmal in der jobpilot Community, dem Vorläufer der Monster-Community. Bei so etwas nimmt die Rolle der Technik an Wichtigkeit extrem zu, weil man ggf. Änderungen der Software vornehmen kann, um zu reagieren. Das bekommt man eher in seinen eigenen Foren in Griff, als in externen Communities – wie Facebook.
Schönes Interview, alle wichtigen Fragen gestellt und klasse Antworten von Maria!
AntwortenLöschenViele Grüße nach Dieburg. Wenn Du Otto, Thull oder Ferber kennst, bestell' ihnen Grüße ;)
Kenne ich leider nicht, aber sollte ich sie mal kennenlernen werde ich dran denken. ;)
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